Warum ist “Handgelenk fassen” ein Angriff? Schaut man sich die Prüfunge in diversen Stilrichtungen an, so wird kaum erkenntlich, wo der Angriff bei diesem “Angriff” ist.
Da stehen sich zwei Menschen gegenüber. Der eine streckt sein Handgelenk etwas vor, der andere greift dann mehr oder weniger beherzt zu.
Der ganz motivierte Angreifer macht einen Ausfallschritt, ruft beherzt “Hua!” oder grunzt zumindest etwas, kuckt grimmig, greift zu und friert ein.
Aber: Warum ist “Handgelenk fassen” ein Angriff?
Warum fasst jemand ein Handgelenk? Entweder um eine Person am gehen zu hindern (“Hier geblieben!”), sie irgendwo hin zu ziehen (“Komm mit!”) oder einen Angriff oder eine Gegenwehr zu unterbinden (sind die Handgelenke gegriffen, kann nicht geschlagen werden).
Bei den ersten beiden Optionen ist das Handgelenk meist unten, beim letzteren meist auf etwa Schulterhöhe. Das “typische” Handgelenk greifen auf Prüfungen fällt zumeist in die erste Kategorie (rein von der Position der Handgelenke her) – was fehlt ist aber die Bewegung. Recht entspannt vor einander stehen ist eine komplett andere Situation als jemanden zu zerren und zu ziehen. Und wer sich nur auf die statische Situation vorbereitet, wird von der Energie in der realen Situation möglicherweise überfordert.
Lösung:
Überlegen, was mit dem Griff bezweckt werden soll. Ein Griff am Handgelenk mit Griff am Oberarm zum Eskortieren (oder zum Boden bringen), am Handgelenk packen und ziehen (ggf. für längere Zeit), etc.
Der Griff am Handgelenk folgt einem Zweck. Und im Training sollte hier mit entsprechender Energie gearbeitet werden.
Hier noch die Situation “man will gerade weggehen, und wird durch den Griff am gehen gehindert” mit entsprechender Intensität einbauen (einfach nur um mit auch mit anderen Winkeln zu üben) und auch ein Wegzerren simulieren. Und dann sehen, was von den erlernten Techniken noch übrig bleibt.
Eine Hand greift das Handgelenk und zieht, gleichzeitig schlägt die andere Hand, das ist meines erachtens der realistischste Grund, warum es im Angriffskatalog diesen Angriff gibt.
Als Verteidiger muss ich die andere freie Hand mehr fürchten als die, die mein Handgelenk ergriffen hat und mich entsprechend aus diesen Gefahrenbereich hinaus bewegen. Erst dann kann ich mich um die Angriffs- Hand kümmern, aber mit meiner eigenen Bewegung wird auch eine neue Situation entstehen, an die ich mich immer wieder anpassen muss, d.h. ich muss flexibel sein, anpassen, flexibel, nachgeben… = ju oder yawara.
Als Einleitung für einen Schlag wird kaum das Handgelenk gegriffen werden. Hier wird eher geschubst, am Hemd gepackt und gerüttelt, oder ähnliches. Historisch könnte damit ein Griff zur Waffe vereitelt worden sein – insbesondere bei der oft gewählten “Rechte Hand greift rechte Hand” Variante.
Soll ein Schlag vorbereitet werden, so wird der Angreifer meist seine Schlaghand (in den meisten Fällen die rechte) frei haben wollen. Ich halte (heutzutage) wirklich eher Dominanzgebahren für den wahrschlichsten Grund.
Aber: Egal was der Grund ist, ein frontales Hinstellen, Griff und dann teilnahmsloses Warten ist wohl in den seltensten Fällen wahrscheinlich. Genau dies ist aber, was so oft geübt und auf Prüfungen demonstriert wird. 😉